Geplant war, die wirklich verheißungsvolle Route GR247 Ende März im Bikepacking-Modus zu fahren und in Refugios, also in Schutzhütten zu schlafen. Doch die Angst vor den angekündigten Witterungsbedingungen mit Wind, Schnee, Regen und Minusgraden war groß. Gerade war Europa bis in den Süden immer noch vom Winter geplagt.

Doch alles kam anders, denn es kann so Einiges schief gehen bei einer Reise…

Wir starteten in Leipzig und da fuhr schon mal kein Zug – Weichenstörungen wegen Schnee. Wir kamen irgendwann mit dem Schienenersatzverkehr nach Berlin und konnten von da nach Madrid fliegen.

Ein Zug sollte uns nach Jodar-Ubeda bringen, von wo aus wir unsere Radtour starten wollten. Doch vier von uns fünfen wurden nicht in den Zug gelassen. Die Schaffner wussten nichts davon, dass verpackte Räder mitgenommen werden dürfen. Der Zug fuhr los. Wir übrigen überlegten, ein Auto zu leihen. Das ging nicht, da der einzige Führerschein mit dem Zug weggefahren war. Wir anderen hatten den Inhalt unserer Portemonnaies zur Gewichtsreduktion vorher minimiert. So entsannen wir einen völlig neuen Plan: Ein bis zwei Nächte Madrid und dann eine neue Route finden.

Ein Taxi sollte uns zum spontan gebuchten Hotel bringen, doch das gerufene Taxi war zu klein. Ein größeres musste her. Auch das nächste war zu klein. Also zwei Taxen. Unser verlorenes Gruppenmitglied sollte noch am Abend mit einem Zug zurück nach Madrid kommen doch er wurde gar nicht erst hinein gelassen. Er blieb in einem Hostel und kam am nächsten Tag mit einem Regionalzug zu uns. Wir waren endlich alle vereint und schritten zur Tat. Schnell stand unsere neue Route fest: Madrid – Las Navas del Marqués – Ávila – La Adrada – Toledo – Madrid. Fünf Tage mit Indoorübernachtungen.

Tag 1: Schon seit dem vorigen Nachmittag fühlte ich mich kränklich. Am Morgen unseres Tourstarts war es eher schlechter als besser. Fieber (?), Kreislauf down, Halsschmerzen, Kopfschmerzen. Die anderen überzeugten mich, dennoch loszufahren und bis zum Stadtrand zu probieren, ob es geht.

Wir fuhren langsam und es war anstrengender als sonst. Gleichzeitig fühlte es sich gut an, auf dem Rad zu sitzen. So entschied ich, weiter mitzufahren. Am Stadtrand von Madrid ging es auf sandigen Wegen durch Pinienwälder.

Nach gut der Hälfte unserer geplanten Strecke wechselten wir auf die Straße, da ein starker Wind aufzog und die Zeit schneller fortschritt als uns lieb war. Der böige Seitenwind zwang uns abzusteigen und einen Berg nach oben zu schieben. Die folgende Abfahrt konnten wir nur mit Vorsicht genießen; die volle Aufmerksamkeit mussten wir auf Windböen richten. Durchgefroren freuten wir uns auf eine heiße Dusche und eine warme Wohnung. Dann die Ernüchterung: 10°C Raumtemperatur und lauwarmes Wasser. Eingewickelt in Jacken, Decken und Schlafsäcke saßen wir am Abendbrottisch und gingen bald schlafen.

Tag 2: Ich war gesundheitlich wieder hergestellt. Morgens waren es schon 15°C in der Wohnung, fast warm! Frühstück, Sachen einpacken, losfahren. 45 km sollten locker und relativ zügig machbar sein. Dachten wir! Wir waren nicht auf so viel Eis, Schnee und Wasser eingestellt. Nach gut dreieinhalb Stunden hatten wir erst 20 km geschafft. Um unser Ziel vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen, entschieden wir, auch heute die zweite Hälfte der Strecke auf der Straße zu fahren.

Tag 3: Unsere heutige Route hatten wir so geplant, dass unbefestigte Wege und asphaltierte Straßen in einem ausgewogenen Verhältnis standen, um die geplanten knapp 80 km schaffen zu können.

Am Morgen wurde darüber gesprochen, was bisher alles NICHT schief gegangen war: Noch keine Panne, nicht einmal einen Platten hatten wir zu verzeichnen. Das hat der Plattengott gehört! Dornenzweige wurden uns zum Verhängnis, unzählige Dornen mussten wir aus den Reifen ziehen. Jede Menge Löcher mussten wir flicken und Schläuche wechseln. Meine Tubelessreifen haben aber gehalten, was sie versprochen hatten.

Weiter ging es über traumhafte Wege am Ufer eines Sees entlang. Ein Anstieg von gut 700 Höhenmetern lag noch vor uns. “Fahrbahnbelag” sagte Komoot zur Beschaffenheit des Untergrundes. Dieser stellte sich dann als eine Mischung aus Schlamm, Steinen und Schnee heraus. Treten, immer weiter treten. Und irgendwann: Geschafft! Trinken, Aussicht genießen, fotografieren.

Tag 4: Mitten am Tag die Route verwerfen und neu planen? Kein Problem, hatten wir ja vorher schon mehrfach geübt. Wir sahen einen schönen Weg neben der geplanten Route und schauten, ob auch dieser uns in Richtung Toledo bringen würde. Yes! Also die neue Route aufs GPS-Gerät schieben, weiter. Eine sehr gute Entscheidung! Der Weg war nass und steinig, Schmelzwasser floss hinab. Wir hatten großen Spaß auf dieser trailigen Abfahrt. Unsere Augen leuchten und unsere Herzen vollführten Freudensprünge.

Tag 5: Der letzte Tag führte zurück von Toledo nach Madrid. Je näher wir der Stadt kamen, umso weniger schön war die Landschaft. Ein schmerzendes Knie und starker Seitenwind, dessen Böen uns gegen Leitplanken oder von der Straße drücken wollten, führten dazu, dass wir etwa 35 km vor dem Ziel einen Bahnhof ansteuerten, um den übrigen Weg mit einer Regionalbahn zurückzulegen.

Am Ende blieb uns ein radfreier Tag in Madrid, an dem wir spazierend die Stadt entdeckten und ein Tag, an dem wir unsere Räder verpackten.

Fazit unserer Reise mit "Änderungen"

Wir alle haben diesen Krisenmanagementkurs mit Bravour bestanden. Oder gibt es vielleicht doch so etwas wie Schicksal, welches uns vor schlaflosen Nächten bei bitterer Kälte und anderen ungemütlichen bis gefährlichen Strapazen bewahrt hat? Hier ein paar allgemeine Tipps von uns, wenn Eure geplante Bikepackingtour doch etwas anders verlaufen sollte, als geplant:

  1. Fit auf Tour: Wenn Ihr als Gruppe eine Tour gemeinsam vorhabt, plant diese entsprechend der Fitness der einzelnen Teilnehmer. D.h. nicht überschätzen bei den Etappenlängen.
  2. Auf alles vorbereitet sein: Schaut Euch die Gegend in der Ihr fahren wollt vorher schon im Detail an, sucht nach möglichen Erfahrungsberichten anderer Bikepacking Fahrer und entsprechenden Karten. Wie verlaufen die Wege? Auf welche Höhenmeter muss ich mich einstellen? Wie ist die Bodenbeschaffenheit? Mit welchem Wetter muss ich rechnen? Wie kann ich mich verpflegen? Danach wird natürlich auch Eure Ausrüstung an Rad und für den Fahrer geplant.
  3. Immer locker bleiben und offen für spontane Änderungen sein! Alle Wege führen früher oder später ans Ziel! Notfalls muss die geplante Etappe auch einmal verkürzt oder umgeleitet werden.
  4. Trotz aller möglichen Probleme – der Spaß sollte mit guten Freunden nicht verloren gehen! Bloß kein Stress – redet und kommuniziert über alle Änderungen, Wünsche und Wehwehchen miteinander, damit die Gruppe ohne Streit voran kommt.
  5. Auf das Wetter achten: Schnell können gefährliche Situationen entstehen und gerade im Hochgebirge kann es wirklich lebensgefährlich werden. Also vielleicht doch den Regenguss abwarten oder den Pass umfahren…

Was sind Eure Erfahrungen mit “Touren, die nicht wie geplant verliefen”? Habt Ihr Tipps, damit der Bikepacking-Tripp trotz aller Probleme doch noch ein Erfolg wird? Wir freuen uns über Eure Beiträge.