INTROWer sich dem Abenteuer "Mother North" stellt, erlebt mehr als nur eine Radtour durch Norwegens atemberaubende Natur. Mit dabei war unserer Veloheld Simon, der sich mit Ausdauer, mentaler Stärke und natürlich seinem treuen veloheld.iconX Gravelbike auf die Herausforderung eingelassen hat. Im Interview teilt er seine Eindrücke, von der Vorbereitung über die Höhen und Tiefen des Events bis hin zu den besonderen Begegnungen unterwegs. Ein inspirierender Rückblick auf eine Reise, die nicht nur körperlich, sondern auch mental alles abverlangt hat.
Hallo Simon, wie würdest du deine Erfahrung bei „Mother North“ kurz in drei Worten zusammenfassen?
„Überwindung, Leiden und Erfüllung“
Wie hast du dich im Vorfeld auf das Event vorbereitet? Gab es spezielle Trainingseinheiten oder Strategien, die du verfolgt hast?
„Nach der Anmeldung war mir klar, dass ich einigermaßen fit an der Startlinie stehen möchte. Also zumindest so fit, dass ich keine Angst haben muss, mich komplett zu zerstören und zu verausgaben. Mein Ziel war von Anfang an, in der Cut-Off Zeit ins Ziel zu kommen und diesen Zeitrahmen auch nach Möglichkeit auszuschöpfen.
Ich wollte gerne ein Gefühl für so ein Event bekommen: Was macht das Zeitlimit mit mir? Wie sehr übt der Tracker Druck auf mich aus? Und wo sind meine derzeitigen Limits? Also sollte das Mother North für mich eine Art Standortbestimmung in Sachen Bikepacking sein.
Ich hab mich dann mit erfahrenen Leuten in dem Bereich wie Sarah Hallbauer oder Martin Moschek ausgetauscht und mir einen Trainer gesucht. Von Stefan Barth als Coach habe ich dann einen Trainingsplan bekommen, der mich im Winter viel auf die Rolle geschickt hat, sodass ich gut durch den Winter gekommen bin. Das strukturierte Training war neu für mich und hat enorm viel gebracht. Zudem habe ich mehr auf meine Ernährung geachtet und so etwas Ballast über Bord geworfen. Die Fortschritte waren echt motivierend und ich bin mit einem ziemlich guten Gefühl, was zumindest das Ankommen in der Cut-Off Zeit angeht an den Start gegangen.“
Was war die größte Herausforderung, der du während des Events begegnet bist, und wie bist du damit umgegangen?
„Zu Anfang haben mich die Kilometer und Höhenmeter ziemlich eingeschüchtert. Auch die anderen Teilnehmer*innen, die beim Start schon alle sehr fit aussahen und echt gut ausgerüstet waren, haben dazu beigetragen. Sich davon frei zu machen war nicht so leicht, aber direkt der erste Anstieg hat mir dann gezeigt, dass ich mein eigenes Ding durchziehen muss, ich war schnell am Ende des Feldes angelangt.
Aber von meinen langen Wanderungen, die mitunter auch schon einige Monate lang waren, weiß ich, dass solche Herausforderungen nicht am ersten Tag entschieden werden. Ich weiß von vorherigen Touren und Ausfahrten, dass ich schon ziemlich lange am Stück Rad fahren und mich auch echt schinden kann. Und Leidensfähigkeit muss glaube ich jeder bei einem solchen Event an den Tag legen, ganz egal ob auf Platz 1 oder 33.
Eine gewisse Erfahrung im Umgang mit großen Herausforderungen hat mir das Vertrauen in mich selbst gegeben, und nach dem ersten Tag mit fast 180 Kilometern und über 3000 Höhenmetern war ich zumindest nicht komplett im Arsch. Darauf kann man dann gut aufbauen.“
Gab es bestimmte Abschnitte auf der Strecke, die dir besonders gefallen haben oder die du als besonders herausfordernd empfunden hast?
„Wo fängt man in Norwegen und wo hört man in Norwegen auf? Selbst die unspektakulärsten Abschnitte sind oft sehr viel spektakulärer als in anderen Gegenden. Aber es gab schon einige Highlight wie das spektakulär schöne Grimsdalen Almtal, die Weite des Jotunheimsvegen, oder die Pässe über das Slettefjell oder das Aurlandsfjellet mit Anstiegen, auf denen man mitunter bis zu 1300 Höhenmeter am Stück überwinden muss – das war schon krass. Insbesondere die Kontraste von den höchsten Bergen des Landes in Jotunheimen bis hinunter zu den Fjorden auf Meereshöhe sind das Salz in der Suppe einer solchen Tour.“
Welche Ausrüstung hast du verwendet und gab es ein bestimmtes Teil, das sich als besonders nützlich erwiesen hat?
„Bei der Ausrüstung war natürlich das Bike der Dreh- und Angelpunkt der ganzen Sache. Da fahre ich ja ein IconX von Veloheld und das passt mir einfach sau gut. Ich hatte keine Sitzprobleme, keine Knie- oder Handgelenksprobleme oder so und das Bike hat bis zum Ende sauber performt. Als ich das Rad bei euch bestellt habe, war mir besonders Robustheit und Zuverlässigkeit wichtig – und das hat das Rad bisher sauber eingelöst.
Stabile Laufräder und zuverlässige Komponenten ohne Experimente haben sich für mich echt bewährt. Vor dem Rennen haben ich mich dann noch entschieden, das Rad mit einer elektronischen SRAM Schaltung und einer ziemlich bergtauglichen Übersetzung 40 auf 10/52 auszurüsten. Und das war vermutlich die nützlichste Sache überhaupt. Denn mit der Übersetzung konnte ich fast jede Steigung bis hin zu steilen Rampen mit bis zu 18% gut hochfahren. Ich überlege jetzt sogar noch, vorne auf 38 oder kleiner zu gehen, den steile und lange Anstiege gibt es ja hier in Norwegen in meiner neuen Wahlheimat auch ganz ohne Rennen an jeder Ecke.“
Wie war das Miteinander mit den anderen Teilnehmern? Gab es besondere Begegnungen oder Momente, die dir im Gedächtnis geblieben sind?
„Auf jeden Fall, die gab es. Im Vorfeld war es nicht so persönlich, da es kein Basecamp oder so gab. Aber während des Events hab ich ne Menge cooler Leute getroffen. Zum Beispiel bin ich am ersten Tag eine ganze Zeit mit Veloheldin Lotti, Maya und Tatyana gefahren, die das Rennen echt gerockt haben. Lotti war ja auch mit einem Veloheld Bike am Start. An Tag zwei habe ich dann Stefan aus Flensburg getroffen und und wir haben uns auf Anhieb super verstanden.
Wir sind dann fast bis ins Ziel zusammen gefahren und hatten gemeinsam eine richtig gute Zeit. Leider musste Stefan kurz vor dem Ziel aufgeben, da die Bremsen an seinem Bike versagt haben, das war schon hart. Aber wir sind in der kurzen Zeit zu echt guten Freuden geworden und schauen mal, ob wir im nächsten Jahr nicht noch einmal gemeinsam irgendwo an den Start gehen werden. Aber auch andere Leute werden mir immer in Erinnerung bleiben, so wie Heine aus Kopenhagen, Mar aus New York oder Ryan aus Schottland – was für coole Leute hier mitunter am Start waren, das war mir am Ende viel wichtiger als jede Medaille oder jede Platzierung.“
„Mother North“ findet in einer beeindruckenden natürlichen Umgebung statt. Wie hast du die Landschaft wahrgenommen und welchen Einfluss hatte sie auf dein Erlebnis? Und war es eigentlich kalt da oben im „Norden“?
„Generell hatten wir in den gut 6 Tagen großes Glück mit dem Wetter. Insgesamt hatten wir nur gut 2 Stunden Regen – ansonsten eher Sonne und gutes Wetter. Wobei man sagen muss, dass es gerade oben über 1000 Metern in den Bergen am Abend schon ziemlich frisch war. Mit Wetter jeglicher Art zu jeder Jahreszeit muss man hier in Norwegen einfach klar kommen, ansonsten winkt hier schnell ein DNF.
Was ich krass fand war, wie die anderen Teilnehmer*innen auf Norwegen reagiert haben. Viele waren das erste Mal hier und sind aus dem Staunen nicht mehr heraus gekommen. An jeder Ecke Wasserfälle, hohe Berge, offene Weite, teils Rentiere, manchmal ein Elch, die Fjorde, Gletscher – irgendwann kommt man gar nicht mehr hinterher, der Erlebnisspeicher läuft irgendwann über vor neuen Eindrücken.
Aber auch auf mich als alten Norwegen-Hasen hatte die Umgebung in jedem Fall eine motivierende Wirkung. Ich wollte immer weiter Neues sehen, meine Neugier stillen und über den nächsten Anstieg rollen und entdecken, was dahinter kommt. Das war für mich schon eine große Motivation und ganz klar einer der Gründe, warum ich hier an den Start gegangen bin.“
Wie wichtig war mentale Stärke für dich während des Events, und wie hast du dich motiviert, weiterzumachen, wenn es schwierig wurde?
„Mentale Stärke, oder sagen wir besser eine gewisse Leidensfähigkeit und auch Schmerztoleranz, ist wohl der Schlüssel zum Erfolg bei solchen Herausforderungen. Insbesondere wenn man kein Super-Athlet ist, der sein ganzes Leben aufs Radfahren ausgerichtet hat, dann sitzt der wichtigste Muskel ganz sicher zwischen den Ohren.
Ohne die Fähigkeit, sich von innen heraus selbst motivieren zu können, wird es vermutlich schwierig. Man darf sich nicht vom großen Ganzen erschlagen lassen, sondern sollte von Tag zu Tag, von Anstieg zu Anstieg, von Cola zu Cola denken. Und es dürfen auch mal Tränen fließen oder man kann auch mal rumbrüllen, dann irgendetwas trashiges, leckeres zu essen, kurz durchatmen und weiter geht es!“
Welche Tipps oder Ratschläge würdest du jemandem geben, der jetzt überlegt, am nächsten „Mother North“ Event teilzunehmen?
„Der schwerste Schritt für Einsteiger ist vermutlich, sich zu überwinden und tatsächlich anzumelden. Wenn man auf eine solide Bikepacking Ausrüstung und ein gutes Bike zurückgreifen kann, dann steht einer Teilnahme im Grunde nur noch jede Menge Training und Trainingsfleiß entgegen.
Wenn dann die Fitness besser wird und man die Grundlagen gelegt hat, würde ich zur Probe die ein oder andere längere Ausfahrt oder Mehrtagestour machen. Und zwar nicht nur bei gutem Wetter, sondern auch mal bei richtig miesen Bedingungen. Wenn man dann damit ohne Nervenzusammenbruch und mit einer gewissen Leidenstoleranz klar kommt, dann steht einer Teilnahme bei einer Ausfahrt wie dem Mother North nichts mehr im Wege.“
Hast du nach dieser Erfahrung Pläne, an ähnlichen Events teilzunehmen, oder gibt es ein anderes Abenteuer, das du ins Auge gefasst hast?
„Tja, sehr gute Frage. Für mich war das eigentlich eine einmalige Sache. Ich bin gerne auch alleine unterwegs und wollte einfach einmal die Erfahrung Endurance-Race machen. Von daher hatte ich eigentlich im Ziel meine Endurance-Karriere direkt beendet. Aber was soll ich sagen, die Verklärung der Anstrengungen setzt direkt nach dem ersten Bier im Ziel ein und die ein oder andere coole Ausfahrt gerade hier im Norden gibt es ja auch noch, die eventuell reizvoll wäre.
Und zudem muss ja Stefan, mit dem ich insgesamt über vier Tage zusammen gefahren bin und der am Ende leider kurz vor dem Ziel scratchen musste, auch noch eine Medaille für solch ein Event bekommen.
Von daher, wir schauen mal, was wird 😉 Aber was ich auch sagen muss, dass ich jetzt nicht meinen Jahresurlaubskalender an solchen Events ausrichten werde, dafür mache ich auch zu gerne auch noch andere Dinge hier in Norwegen wie Wandern oder Wintertouren. Das Bikepacking Virus habe ich mir aber in jeden Fall eingefangen, das werde ich wohl so schnell nicht mehr los!“
Wir danken Simon für das Interview und die spannenden Einblicke in dieses beeindruckende Abenteuer!
Habt ihr noch Fragen zum „Mother North“ oder zu Simons Erfahrungen? Schreibt uns gern in den Kommentaren, und wir leiten eure Fragen an Simon weiter. Er steht euch gern für weitere Auskünfte zum Event und zum Bike zur Verfügung. Wir freuen uns auf eure Fragen!
Wirklich tough, Simon! Respekt. Sehr inspirierender Beitrag. Jetzt habe ich direkt Lust auf eine neue große Herausforderung!
Das freut mich sehr zu hören! Vielleicht stehen wir ja im nächsten Jahr gemeinsam an der Startlinie beim Bright Midnight oder so 😉
Moinsen!
Tusen takk für euren grossartigen Support auf allen Gravel-Wegen! Was wäre so eine Teilnahme ohne ein zuverlässiges und obendrauf echt cooles Bike? Mein IconX läuft seit den ersten Metern einfach super und es macht wirklich jeden Tag Spass damit unterwegs zu sein!
Die besten Grüsse aus Norwegen
Simon
Danke dir Simon für den tollen Bericht und die Fotos!