Mitte Mai fand das 800 km lange Seven Serpents Gravel von Ljubljana nach Trieste statt. Die besondere Herausforderung bestand darin, das unwirsche Gelände der Kroatischen Inseln zu durchqueren. Was uns besonders gefreut hat: Bei dem unsupported Bikepacking-Event waren 4 der 44 Fahrer*innen auf ihren veloheld Bikes unterwegs!

7 Serpents, 7 Fragen – Phil, Tom und Thomas erzählen von ihren ganz unterschiedlichen Erfahrungen während des Rennens

Toms Ziel war es, innerhalb von 5 Tagen ins Ziel zu kommen. Phil kam dieses Jahr mit seinem veloheld.iconX Titan als dritter overall ins Ziel. Thomas musste nach drei Tagen wegen Knieproblemen abbrechen und wich dann überwiegend auf Straße aus. Welche Erfahrungen sie machten und was sie für das nächste Mal gelernt haben, lest ihr hier – viel Spaß dabei!

Wie bist Du auf die Idee gekommen, das 7S zu fahren?

Phil: Auf das Seven Serpents bin ich, glaube ich, Ende letzten Jahres über Instagram gestoßen. Ich war sehr von dem Verlauf der Route angetan und gespannt auf die Vegetation und Schönheit der Gegend.

Thomas: Der Impuls kam von Robert Krügel. Es gab noch Startplätze und da hab ich einfach gesagt, ich komm mit. Ich liebe Kroatien und kenne auch das slowenische Hinterland. Ich hatte das alles schon mit ‘nem Auto erkundet und dachte, mit dem Rad, klingt das total interessant.

Tom: Ich wollte eigentlich nie bei so einer Veranstaltung mitfahren. Weil die Leute immer gefragt haben, warum ich sowas nicht fahre, dachte ich, probiere ich es einfach mal. Ich hatte mir das Trans Balkan Race ausgesucht, bei dem gerade auch der veloheld-Chef Carsten und sein “Eingepackt”-Podcast-Kollege Alex mitfahren. Da das aber mit der Anmeldung nicht geklappt hatte, habe ich dann das Seven Serpents als Äquivalent genommen.

Schöne Region, mit Route über zwei Inseln; da hab ich direkt gesagt: das möchte ich machen! Also alles in allem – ne ziemlich spontane Sache!

Mit welchen Vorsätzen / Zielen bist Du ins Rennen gegangen und haben sie sich erfüllt?
Tom: Ich hab da nicht so große Ziele gehegt; aber natürlich geht das dann los, wenn alle performen und gut und schnell sein wollen. Ich habe im Vorfeld schon gedacht: Ich will nicht die Pace geben, die Phil fährt (geht auch gar nicht, das ist ja übermenschlich!). Ich will aber auch nicht die Laterne haben – also generell eher so Mittelfeld fahren. Das ging leider nicht, weil die Veranstaltung anders anfing, als ich es mir gewünscht hatte. Wir waren auf einmal eine 5-6-köpfige Gruppe. Das hat extrem gebremst und ging die ersten zwei Tage nicht so flowig vonstatten. So hat das Mittelfeld um 2-3 Plätze nicht geklappt. Aber ich bin zufrieden. Ziele wurden erreicht.

Phil: Die größte Priorität hat für mich ganz klar die Erfahrung, über sich selbst hinaus zu wachsen, sich im Grenzbereich außerhalb der Komfortzone zu bewegen und dabei völlig eins mit sich und dem Fahrrad zu werden.

Meine eigenen gesteckten Ziele zu erreichen und weitere Erfahrungen dabei zu sammeln, ist mir schon immer wichtiger gewesen, als eine top Platzierung.
Wenn dabei am Ende eine schnelle Gesamtzeit und eine gute Platzierung das Resultat sind, ist das für mich ein schönes Feedback, dass meine Vorbereitungen, das Setup und die Taktik gut aufgegangen sind.

Thomas: Ich wollte gerne das von Tom und Robert gesetzte 5-Tagesziel erreichen, wusste aber, dass das sehr sportlich ist. Das wären täglich 165 km mit ca. 3600 HM gewesen. Das ist 5 Tage am Stück ganz schön heftig. Vor allem, wenn man nicht so gut im Training steht.

Hast Du Dein Setup im Vorfeld noch angepasst oder Dinge am Rad geändert?

Phil: Ich versuche bei jeder größeren Ausfahrt oder jedem Rennen mein Setup den Gegebenheiten anzupassen. Das heißt, ich schaue beispielsweise welche Wetterlage und was für Untergründe mich erwarten werden.

Diesmal habe ich mich bewusst gegen einen Schlafsack entschieden, um Gewicht und Zeit beim Rennen zu sparen, was auch durch die milden Nächte gut in das Konzept gepasst hat.

Thomas: Ja! Ich hab die Kurbel getauscht, von einer normalen auf eine Ultra-Konmpaktkurbel 31/48, um ein paar leichtere Gänge zu haben. Und ich hab meinen Ritzelblock hinten noch auf einen 34er vergrößert, was im Nachhinein zu wenig war, ich hätte auf einen größeren Ritzelblock gehen müssen. MTB-Übersetzung wäre glaub ich besser gewesen.

Es war klar, dass es ein sehr krasses Höhenprofil ist, aber ich hab einfach unterschätzt, wie steil Gravelpisten sind. Die sind immer steiler als Road-Pisten. Mit der Übersetzung alles im Sitzen zu fahren, war letztendlich ein bisschen zu viel für’s Knie und für den Kopf. Deswegen hatte ich auch ein DNF am 3 Tag. Ich war einfach viel langsamer als alle anderen, musste viel häufiger schieben.

Tom: Das Rad hatte ich mit veloheld zusammen extra für diese Veranstaltung aufgebaut. In Kooperation mit Reisefix, wurde das Rad dann noch mit Taschen bestückt. Ich bin ohne Arschrakete gefahren und das Rad hat alles in allem, ohne Wasser, 14 kg gewogen. Das Gesamtgewicht ist immer ein kleiner interner Wettkampf für mich. Von 100 Punkten hat das Rad alle erfüllt – es hat nichts gefehlt!

Das Setup war 100% ideal – für Gelände, für die Veranstaltung, für mich!

Welche inneren Grenzen konntest Du für Dich „erfahren“?

Phil: Bei diesem Abenteuer habe ich hart zu spüren bekommen, wie wichtig das Mindset in Extremsituationen ist. Ich habe über eine längere Phase des Rennens keine gute Motivation gefunden, mich weiter so hart über die sehr anspruchsvolle Route zu pushen.

Meinen Flow wieder zu finden und aus der deepen Phase wieder heraus zu kommen, hat mir viel Zeit und Kraft geraubt. Dennoch konnte ich durch Mind Tools und viel Zuspruch und Motivation von außen wieder zu meinem Drive finden.

Thomas: Schmerzgrenze – dann natürlich auch kurze Nächte im Freien, die sind nicht ganz so regenerativ. Sich vorher nicht so fit zu fühlen, war auf jeden Fall ein Grund für die relativ geringe Schmerzgrenze. Ich hab berghoch einfach richtig gelitten. Also alles, was 2-stellige Steigungsgrade waren, war einfach die Hölle und ich fand schieben teilweise angenehmer als fahren. Es war also weniger die Distanz, ich hatte mehr Probleme mit den Höhenmetern.

Ich hab festgestellt, dass der Genuss von Landschaften grenzenlos ist. Einfach toll – auch toll wenn man leidet; und bei 38° im Schatten so eine Rampe hochzuschieben, macht einfach keinen Spaß.

Tom: Innere Grenzen gibt es bei mir glaub ich nicht. Ich bin da immer sehr motiviert und kann auch gut über meine Komfortzone hinausgehen. Ich mag das, wenn’s mich fordert, wenn’s anstrengend wird, wenn ich innere Strategien entwickeln muss, um vorwärts zu kommen. Das behagt mir. Meine emotionalen Berührungspunkte sind da für mich viel wichtiger. Dass mich das so emotional berührt, mit Menschen unterwegs zu sein, die vielleicht ähnlich sind, aber doch anders.

Ich muss immer gucken, dass ich meine Emotionen im Zaum halte und mich das nicht innerlich so beansprucht. Am dritten Tag bin ich alleine losgestartet und hatte da am meisten Freude, da konnte ich mal schnell fahren, ohne oft anzuhalten.

Ach, eine innere Grenze gab es doch: ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben Sitzprobleme. Das war schon anspruchsvoll, weil ich Praktiken entwickeln musste, wie ich auf dem Rad sitze, um das Rennen zu Ende zu fahren. Das war anstrengend – aber da musste halt weiter machen.

Was würdest Du beim nächsten Mal anders machen?

Phil: Die zwei sehr schönen Recovery-Tage in Triest gaben genug Zeit, das Rennen mit einzelnen Starterinnen* Revue passieren zu lassen. Dabei habe ich für mich entschieden, mehr Fokus auf die Strecke im eigentlichen Rennen zu setzen. Und meine Schlaftaktik bzw. Aufteilung nochmals genauer den Gegebenheiten der Route anzupassen.

Tom: Ich würde von vornherein beschließen, alleine zu fahren. Das ist viel wirksamer und emotionaler für mich. Ich möchte herausfinden, wie ich das für mich gestalten kann, dass ich einen Rhythmus finde. Insgesamt herauszufinden, was ich machen muss, um einen guten Flow zu bekommen, effektiver zu werden, weniger zu schlafen. Es ist einfach keine Ausfahrt, sondern ein Race und da muss ich meinen Ablauf anders takten.

Thomas: Das nächste Mal würde ich viel leichter fahren, bessere Übersetzung, weniger Gewicht, leichteren Schlafsack, weniger Snacks, tubeless, weil ich mir dann auch das Gewicht der Ersatzschläuche spare, weniger Klamotten. Auf ultra-leicht-Komponenten zu gehen, ist essentiell fürs nächste Mal.

Hast Du für dieses Jahr noch andere Langstrecken/ Gravelpläne?

Tom: Auf jeden Fall! Ich fahre gerade die Grevet-Serie, um dann den Super-Grevet in Angriff zu nehmen. Und ich will versuchen, mehr geistige Stärke zu entwickeln, um generell längere Strecken zu fahren. Außerdem fahre ich in die Schweiz – Höhenmeter im Gelände fahren üben.

Phil: Große Vorfreude habe ich auf die zweite Edition einer Self-Supported Bike-Packing Balkan-Tour, die entlang weiterer atemberaubender und geschichtsträchtiger Spomeniks führt.

Gemeinsam mit Johannes Killisperger, Hagen Lindner und Bennet Janz werde ich mich im September gemeinsam auf die ca. 1400 km Tour von Zagreb nach Skopje begeben.

Zwischendurch werd ich relativ spontan entscheiden, welche Events und Rennen ich mitnehme. Es muss ja auch noch genügend Zeit zum Tanzen bleiben 😉

Thomas: Ich fahr dieses Jahr definitiv das MB 400 von letztem Jahr, weil ich unbedingt das Cap haben will; das bin ich letztes Jahr nicht mitgefahren. Wir fahren auf jeden Fall auch noch mal in die Toskana, um die Strade Bianchi zu fahren, das mache ich jedes Jahr einmal. Und ansonsten: Gravel Spartakiade. Mehr Pläne hab ich erstmal nicht.

Und zuletzt – empfiehlst Du dieses Event weiter und würdest Du es noch einmal fahren?

Phil: Die Gegend ist absolut zu empfehlen und atemberaubend paradiesisch. Für das Rennen würde ich eher ein HardTail MTB empfehlen, da die Inseln einiges an derbem Untergrund zu bieten haben.

Für mich selbst habe ich entschieden, solche Arten von Rennen nicht unbedingt ein zweites Mal zu bestreiten, insofern ich es beim ersten Versuch nicht gescratched habe. Ist aber bisher noch nicht vorgekommen… toi toi toi.

Thomas: Ja! Ich möchte es gerne nächstes Jahr nochmal fahren. Wer gerne schweres Gelände fährt und sich zutraut, mit dem Gravelbike in MTB Terrain zu fahren, wer Lust auf Hitze und einen sehr sympathischen Organisator hat, dem kann ich das Event ans Herz legen.

Tom: Ganz klares Ja! Ich empfehle es, auch wenn es kritische Stimmen im Fahrerfeld gab: war zu schwer, war Hike a Bike, waren gefährliche Stellen dabei… würde ich alles nicht so unterschreiben. Ich finde es war mit Herzblut organisiert. Es war alles dabei – und es waren auch Stellen dabei, die sind auf dem Rad gefährlich – dann steigt man eben ab und muss schieben – ist ja immer eine Frage des Vermögens. Und Hike a Bike ist eben Teil der Aufgabe. Wenn Mittags 38°C sind, dann ist das eben Natur und gehört dazu. Ich möchte es nächstes Jahr auf jeden Fall noch mal fahren, um vielleicht sogar ins vordere Mittelfeld zu kommen – meine Technik soweit optimieren, sodass ich am Ende das Gefühl habe, es gibt nicht mehr viel, was ich rausholen kann. Es ist keine Einsteigerveranstaltung, man sollte schon ein bisschen Erfahrung haben und: MTB war voll ok!