Alex und ich hatten uns schon lange vorgenommen, mit unseren veloheld Rädern einmal an einem Ultracycling Event teilzunehmen. Da wir eigentlich eher auf Bikepacking Trips unterwegs sind, wurde es nun endlich einmal Zeit, vom Touren-Modus in den Race-Modus zu wechseln. Als ausgesprochene Balkan Fans war das Rennen für uns als Team schnell gefunden – das 1.300 km lange und über 27T Hm verlaufende Trans Balkan Race mit Start am 3. Juni 2022. Aber es kam dann doch anders als geplant…

Keine Lust zum Lesen? Hier findet Ihr unseren Podcast zu unserem Experiment Ultracycling beim Trans Balkan Race!

Bevor es ernst wurde – die Vorbereitung

Sind wir doch mal ehrlich – das Schöne (… für Manche aber auch das Nervige) bei Bikepacking Trips oder auch Rennen ist doch auch ein wenig die ganze Vorbereitung. Also, was muss noch alles an Ausrüstung besorgt werden und wie sieht es mit dem Material am Rad aus? Wie wird die Strecke aussehen? Bin ich gut dafür gerüstet?

Beim Trans Balkan Race wurde empfohlen mit einem MTB zu fahren. Ok, wir waren schon oft im Balkan, haben dort wirklich fast jedes Land erfahren und nun sollen wir mit einem MTB kommen? Schon oft hatten wir von Veranstaltern in unseren „alten“ Tagen als MTB-Rennfahrer von „krassen“ Strecken gehört, die sich dann oft auch fast mit Rennrad hätten fahren lassen. So dachten wir auch bei diesem Rennen.

Aber so ein wenig Komfort wollten wir dennoch haben und statteten unsere veloheld.iconX Titan Räder mit dickeren Reifen im Format 27,5″/ 2.0″ bei Alex und 2.1″ bei Carsten aus.

Carsten baute sich gleich noch einen neuen Rahmen um die Laufräder. Ein Prototyp des zukünftigen Titan Gravelbikes mit komplett interner Zugführung sollte gleich mal unter härteren Bedingungen getestet werden.

Foto: Andrea Securo

Die wichtigste Ausstattung von Carsten (und eine kurze Bewertung)

Rahmen

neuester veloheld.iconX Titan Prototype Rahmen in Größe XL mit innenliegender Kabelführung bis zur Bremse und Schaltwerk/Umwerfer

  • ein Traum! Mehr Infos folgen in Kürze…

Schaltgruppe

Shimano GRX Di2 mit FSA SL-K Modular Supercompact Carbon Kurbelgarnitur mit 46/30 Zähnen und 11-34 Zähnen Kassette hinten

  • gute Übersetzung und tadellose Funktion für die Berge im Balkan

Laufräder

handgebaute DT-Swiss Laufräder in 27.5" mit SON Nabendynamo und Teravail Rutland Faltreifen in 27.5x2.1 Zoll "Durable"

  • pannensicher und gut rollende Reifen
  • Abnutzung der kleinen Stollen schon merklich schnell

Beleuchtung

SON Edelux II Frontleuchte, KNOG Batterie Rückleuchte

  • Position vorn unter der Lenkertasche weniger gut geeignet (die meisten Fahrer hatten eine Akku-Beleuchtung)

Bikepacking Taschen und Inhalt für das Rennen

Sattel

Ortlieb Seat Pack / 11 L

Inhalt: Daunenjacke, Ersatzhose, -trikot, langes Trikot, Handtuch, Ersatzsocken, Regenjacke, -hose und einige Hafer-Riegel

  • sehr hoher Schwerpunkt am Sattel gegenüber der Apidura von Alex und dadurch verstärkte "Pendelbewegung"

Rahmen

Ortlieb Frame Pack Toptube (innen)

Inhalt: Kulturbeutel, Bein- und Armlinge, Iso-Pulver, 1x Ersatzschlauch, Pumpe, Tubeless Repairkit, Messer, Bivygestänge, Ladekabel, Powerbank und Mikro für den Podcast

S/F TOPTUBE BAG (oben)

Inhalt: Riegel, Handy, Geldmittel, Ausweis

  • Ortlieb: zu kurz für den großen Rahmen; schwergängiger Reißverschluss, der sich nicht während der Fahrt öffnen lässt; beult aus mit ungünstig gepacktem Inhalt, so dass man beim Pedalieren womöglich mit den Beinen "schleift"

Bikepacking Tasche am Lenker und Inhalt

Pro Discover Lenkertasche

Inhalt: Outdoor Research Helium Bivy, Pajak Schlafsack, SEA TO SUMMIT - Ultralight Isomatte

  • Befestigung nicht optimal (gerade wenn sie weniger bepackt ist), rutscht mit der Zeit immer weiter nach unten auf die Frontleuchte

Sonstiges

Trinkrucksack von Decathlon mit ausreichend Platz und cleveren Taschen für den kleinen Einkauf unterwegs und 2 Liter Trinkblase

  • perfekt bei bis zu 10 Litern täglicher Wasserzufuhr und weniger "auftragend" als gedacht, günstig
Foto: Andrea Securo

Die wichtigste Ausstattung von Alex (und eine kurze Bewertung)

Rahmen

ältester veloheld.iconX Titan Prototype Rahmen in Größe S

  • …immer noch ein Traum ;)

Schaltgruppe

Shimano SRAM Force mit Ratio Umbaukit von 1x11 auf 1x12-fach, Kurbelgarnitur mit 36 Zähnen und 10-52 Zähne Kassette hinten

  • Ratio Kit leider keine Schaltperformance, wie von SRAM gewohnt und das Problem mit dem Schaltröllchen
  • die Übersetzung bei den schnelleren Passagen, ab 40 km/h nicht mehr geeignet (umso besser sind die leichtesten Gänge)

Laufräder

Acros Komplettlaufräder in 27.5" und Donelli X'PLOR MSO 650B X 50

  • pannensicher und gut rollende Reifen bei trockenen Bedingungen ohne zu hohem Verschleiß

Beleuchtung

Lupine Piko, Helmlampe am Lenker befestigt

  • super hell und breite Ausleuchtung, wenn benötigt

Bikepacking Taschen und Inhalt für das Rennen

Sattel

Apidura Racing Saddle Pack 7 L

Inhalt: Windjacke, Pajak Schlafsack, Ultralight Isomatte, Handtuch

  • perfekte Befestigung, da wackelt einfach nix

Rahmen

Apidura Racing Frame Pack 4L

Inhalt: Powerbank, Ladekabel, Akku Lampe, Riegel, Portemonnaie

Bikepacking Tasche am Lenker und Inhalt

Apidura Expedition Lenkerrolle
Inhalt: 2 Merino Shirts (kurz und lang), dünne lange Hose, Daunenjacke, Goretex Jacke, 2x Socken, 2. Radhose, Langarmtrikot, Kulturbeutel, Merino Unterhose

Sonstiges

Trinkrucksack von Scott mit ausreichend Platz für den kleinen Einkauf unterwegs und 2 Liter Trinkblase

An der Gabel noch ein Sack mit Bifi-Würsten als Notration :)

Foto: Andrea Securo

Los geht's! Start und schnelles Ende unseres Ultracycling Bikepacking Abenteuer

Alles gepackt und vorbereitet ging es am 3. Juni 2022 pünktlich um 8 Uhr im slowenischen Sežana los. Jetzt nur nicht nervös werden und wie die erste Gruppe zu schnell starten. Erst einmal einen gemeinsamen Rhythmus finden und die ersten Kilometer einrollen. Schließlich sind wir sehr lange unterwegs.

Es rollt gut los, die Strecke war gut fahrbar und wir kommen mit viel Spaß gut voran. Nun ist es so gegen 22 Uhr, wir haben so 220 km weg, liegen auf Platz 12 oder so und sind Erste in der Teamwertung. Die Strecke erfordert nun viel Konzentration. Links unten hört man eine Autobahn und vor einem verstecken sich große lose Steine unter riesigen Blättern.

Und Peng, da passiert es

Alex rutscht über einen großen Stein und schlägt mit dem Schaltwerk drauf. Das große Ratio Schaltröllchen in Fachwerkoptik (siehe Bild oben) hat keine Chance und quittiert sofort den Dienst, indem es in 2 Teile bricht. Da wir natürlich kein Ersatzteil dafür in unseren Taschen dabei haben, versuchen wir in der Dunkelheit den Rest davon noch abzubrechen und haben die naive Idee so zumindest in den nächsten Ort zu kommen, der glücklicherweise nur ca. 3 km entfernt ist. Natürlich dreht sich die Kette nur auf dem Bolzen der Rolle nicht. Also geht es zu Fuß und dann rollend bergab in den Ort und erstmal in ein Hotel…

Was nun? Aufgabe oder Reparatur?

Am nächsten Tag versuchen wir, im kroatischen Hinterland an ein Schaltröllchen zu kommen. Problem hierbei, es gibt einfach keine Fahrräder und der gefundene Fahrradverleih im Ort hat auch keine Ersatzteile. Mittlerweile sind schon fast 12h seit dem Vorfall vergangen und die einzige Möglichkeit an Ersatz zu kommen besteht darin, an die Küste nach Rijeka in einen Fahrradladen zu fahren. Dort finden wir dann ein komplettes 12-fach Shimano Schaltwerk und können die Rolle umbauen.

Aber nun macht es keinen Sinn mehr die 1000 Hm wieder hinaufzufahren und erneut ins Rennen einzusteigen. Nicht nur, weil wir damit in der Platzierung zu weit zurückgeworfen werden, sondern vielmehr, da wir unseren Heimflug schon gebucht haben und diesen nicht mehr schaffen würden.

Ok, ab in den Urlaub!

Wir entschließen uns auf eigenen Wegen in Richtung Ziel zu fahren und, wenn es geht, ab und zu die „Rennstrecke“ zu befahren. Es ist super heiß, der Balkan wird gerade, wie viele Teile Europas von einer Hitzewelle heimgesucht. Knieschmerzen und Sitzbeschwerden setzen uns ganz schön zu und wir fangen an zu überlegen, wann wir ohne Defekt freiwillig ausgestiegen wären.

Alle Fahrer, die wir vor dem Start getroffen haben, leiden sehr unter den Bedingungen und können ihre ambitionierten Zeitpläne nicht umsetzen. Einige von ihnen treffen wir im Verlauf unserer alternativen Tour und sie fluchen nicht nur über das Wetter, sondern auch sehr über die Strecke.

Die Strecke des Trans Balkan Race

Immer, wenn wir ein Stück der Rennstrecke fahren, merken wir, es wäre doch gut gewesen, ein MTB unter dem Hintern zu haben. Mit einem Gravelbike, sogar mit dicken Reifen, macht es (uns) einfach keinen Spaß. Und wir kommen an den Passagen relativ ausgeruht und ohne Schlafmangel vorbei.

Wir sind große Fans von rollenden Passagen, haben aber auch nix gegen einige technisch schwierige Abschnitte. Aber hier sind wir der Meinung hat der Veranstalter ein wenig übertrieben. Von einem ausgestiegenen Fahrer mit einem Fully MTB (!) hören wir das gleiche. Er spricht sogar davon, dass es einen „inoffiziellen“ Wettbewerb unter den Veranstaltern gibt, wer das schwerste Rennen organisiert.

Und da wird es unserer Meinung nach für viele Rookies auch gefährlich. Die immer beliebteren Rennformate in diesem Bereich lassen viele Fahrer oft auf Schlaf verzichten, damit der Ehrgeiz gut abzuschneiden befriedigt wird. Natürlich wollen aber die „alten“ Hasen genau diese Härte spüren.

Wie nun diesen Spagat schaffen? Wir denken, es muss im Vorfeld noch detaillierter kommuniziert werden, was die Fahrer und Fahrerinnen erwarten wird (…ihr müsst mit einem MTB kommen!) oder es sollte unserer Meinung nach auch über eine Mindestruhezeit nachgedacht werden.

Aber vielleicht sind wir auch zu „weich“ und einfach nicht für so etwas gemacht.

Bucht von Kotur – im Ziel des Rennens und unserer Touristen Tour

Am Mittwoch Nachmittag, also 6 Tage nach dem Start treffen wir im Ziel, in Risan in Montenegro ein. Der Sieger Lieven Schroyen ist mit seinem MTB auch schon da – seine Zeit: 126 Stunden und 8 Minuten für die rauen 1.300 km und 27T Hm.

Wir sprechen mit ihm und den Organisatoren über die Strecke und die Strapazen. Und natürlich ist alles im Nachhinein weniger schwer und auch wir schauen mit einem weinenden Auge darauf, dass wir es nicht offiziell ins Ziel geschafft haben.

Unser Fazit

Das müssen wir noch mal probieren! Auch wenn diese Strecke sehr hart war und wir mit unseren Gravelbikes an unsere Grenzen geraten wären, reizt es uns dennoch, so ein Ultracycling Bikepacking Event noch einmal zu fahren. Jetzt schauen wir mal, ob wir da ein gutes Format finden und werden berichten.

Hier könnt Ihr noch mal Nachhören – der eingepackt.podcast zum Trans Balkan Race